Havelwunder

PresseSpiegel


zibb vom 20. Dezember 2007

Kuddeldaddeldu … die Kunst-Kneipe

Der Maler A.C. Schmetjen, bekannt vor allem durch das buntbemalte Segelschiff auf der Havel, wird 50 und macht eine Werkschau.
Und zwar dort, wo eigentlich keine Briefmarke mehr auf die Wand passt: in der Kunstkneipe Kuddeldaddeldu.

Schmetjen feiert im vollgekramten „Kuddeldaddeldu“, jener etwas skurrilen Kneipe in Werder/Havel.

Seine Kunst kann sich sogar sehen lassen, schließlich ist der Mann sogar Träger des Förderpreises für Bildende Kunst des Landes Brandenburg. Aber wer hätte im beschaulichen Werder eine Hochburg moderner Kunst vermutet? Noch dazu auf dem Herrenklo?
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KulTOUR – Die Wohnstube des Künstlers

Personalausstellung von Arno C. Schmetjen im Museumsgaststübchen „Kuddeldaddeldu“

Werder (Havel) – Das Ding mit dem „Havelwunder“ nimmt offenbar kein Ende. Vermutlich deshalb, weil es schlichtweg keines hat. Mit einer Personalausstellung kehrt der Glindower Maler Arno C. Schmetjen an den Ort zurück, wo die Idee zu diesem wundersam gestalteten Segelboot geboren wurde, im Museumsgaststübchen „Kuddeldaddeldu“ auf der Uferpromenade der Insel Werder.

Fast siebzig Promis aus Kultur und Politik – Günter Pfitzmann konnte hier einst sogar eine ganze Stunde Ringelnatz aus dem Kopf zitieren – haben an diesem kunstreichen Ort schon ihre rauen Außenhäute abgelegt, um einmal so zu sein, wie sie „wirklich sind“. Wer sich in dieser Idylle sonst noch die Ehre gab, muss man derzeit bei Peter und Esther Weymann am Tresen erfragen, denn die „Ahnengalerie“ hatte einer Retrospektivausstellung von Arno C. Schmetjen anlässlich seines Fünfzigsten zu weichen, jener, der das „Havelwunder“ bildnerisch noch einmal schuf.

Nun ist es ein Unding, von dieser Präsentation ohne das „Kuddeldaddeldu“ mit seinen 25 Plätzen Auskunft zu geben, obwohl es eher unwahrscheinlich ist, dass jemand die 1999 geschaffene Gastlichkeit mit seinen Nippes und Nappes, mit „Nostalgie“ und Gefühl noch nicht kennt. Man hat sofort den Eindruck, alles hier wäre Kunst, die Personage natürlich inbegriffen, kein Wunder, wenn der Maler diese Stätte „meine Wohnstube“ nennt. Neue Ideen gebiert sie ja schon.

Die Außenanlage unter den Birken wirkt zwar stilvoll, doch jetzt im Dezember etwas verwaist. Drinnen ist es urgemütlich, eng stehen alte Tische und Stühle, Regale mit Büchern und Sammlergut dicht an dicht und sämtlich „antik“ – obwohl in diesem „Museum“ alles sichtbar ist, gehen einem rasch die Augen über, unmöglich, alles zu erfassen.

Hier nun hängen frühe Arbeiten von Arno C. Schmetjen aus seiner Hannoveraner und Potsdamer Lehrzeit, sein „Spätwerk“ der letzten Jahre, achtzig Bilder, alle wohlfeil. Nur wo? Wer käme schon auf die Idee, sie an der Stubendecke zu suchen, zwischen Radio und Bügeleisen, hinter dem Tresen oder gar auf dem Klo? Also wird die kunstinteressierte Dame gezwungen, die Herrentoilette („Kuddel“) zur Bilderschau zu betreten, die Männer das „Kuddeldinchen“, wo „besonders die floralen Motive“ hängen.

Gleich ob Grafik oder Malerei, Mehrfarbensiebdruck oder Collage, Tusche oder Kalligraphie, alles passt ganz organisch in dieses Lokal, als hätte es große Galerien niemals gesehen. Selbst ohne sie will das Uferlokal („unser Schmelztiegel“) als Gesamtkunstwerk verstanden sein. Kein Wunder also, wenn sich Leute wie Thierse, die „Lords“ oder Potsdams OB Jakobs hier zu Hause fühlen. Der uralte Schlager „Spiel noch einmal für mich, Caballero“ dringt aus dem Plattenspieler von dunnemals, jedermann wird geduzt, jeder ist (Reservierung erwünscht) willkommen.

Eine künstlerisches Total-Ambiente, mithin eine etwas verkehrte Welt: Wie die Fischsuppe der freundlichen Wirtin „bis nach Cuxhaven“ berühmt ist, obwohl das Ehepaar aus Westfalen stammt, so wohnt der Hamburger Künstler ausgerechnet auf einem Berg in Glindow. Im „Kuddeldaddeldu“ wurden auch die Hymnen für Werder erdacht, welche Peter Weymann (Spiritus rector vom Havelwunder) und sein Partner Joey Richter per CD als „Kapelle Fischerstraße“ anbieten, hier sieht man, was Schmetjen mit den übriggebliebenen Bootslackfarben tat: Seine künstlerisch bemalten Flaschen und die kleinen Friestafeln, nur vor Ort zu erwerben, sind echte Sammlerstücke. Die Wunder der Havel wollen eben einfach nicht enden.

Täglich außer Montag geöffnet bis zum Januar, bei Anmeldung ist der Maler vor Ort, Telefon (03327) 732 772.

 

Ein Boot als Botschafter

Das „Havelwunder“ aus Werder soll ab August bis nach Holland reisen, um für die Blütenstadt zu werben

von Gerold Paul
Werder · Glindow - Es ist alt, es ist bunt, es ist noch lange nicht fertig. Was schon im August als „Havelwunder“ auf seine zweite Taufe wartet, steht derzeit noch in einer Werfthalle am Glindow-See neben der „Porta Helena“: Das etwa acht Meter lange Kajütboot der „Viktoria“-Klasse, Herkunft Alkmaar in Nordholland, Baujahr 1969, Masthöhe zehn Meter, Gesamtfläche etwa hundert Quadratmeter.

Es gehört zu den Oldies seiner Branche und wäre längst „untergegangen“, wenn nicht der Berliner Liedermacher Peter Weymann seinen Glindower Freund, den Hogab-Chef Wolfgang Hotzel, mit einer Glanz-Idee auf den ausgedienten Kahn hingewiesen hätte. Ein Boot, neu aufgebaut, wäre wahrscheinlich so glänzend nicht, aber ein komplett rekonstruiertes und dabei lückenlos künstlerisch durchgestaltetes? Das ist neu – wenigstens verweigert das Internet bei diesem „und“ jede Auskunft. Also fragten die begeisterten Segelfreunde im Januar den in Helmste bei Stade geborenen, seit 1994 in Werder lebenden Künstler Arno C. Schmetjen, ob er diese Arbeit übernehmen würde. Er hatte „so etwas noch nie gemacht“, gleichwohl er die „Freie Kunst“ zwischen 1984 und 1990 mit einem Diplom in Hannover abgeschlossen hat. Mit seiner Zusage bekam er von den beiden Initiatoren künstlerisch freie Hand, dazu alle Mittel, die nötig sind, um das Boot in ein „schwimmendes Kunstwerk“ zu verwandeln – spezielle Lackfarben zum Beispiel, die sehr viel rascher trocknen als Öl und Acryl. Es muss also seit zwei Monaten rasch gearbeitet werden, kein Hindernis für einen, der es gewohnt ist, „wie ein Mondsüchtiger aus dem Bauch heraus“ zu schaffen: „Als ob meine Hände programmiert sind“. Am Wochenende konnten sich Interessierte dem Künstler vor Ort dabei zusehen. Von einem Segel fehlte am Sonnabend noch jede Spur, nur der Rumpf des „glasfaserverstärkten“ Kunststoffbootes (GFK) war aufgebockt. Bug und Heck, backbord und steuerbord – jedes Teil der Bordwand wird in dezenten Farbtönen anders gestaltet, sogar das Unterschiff, aber das wird nur die Taucher interessieren. Kontraste findet man genauso wie Ton-in-Ton-Malerei, abstrakte Formen von auffälliger Buntheit mit hübschen Details, springende Fische, Figuren, wahlweise als korpulente Damen oder als Nixen zu interpretieren.

Augenspringende Gestaltung ist beabsichtigt, denn einerseits soll das „Havelwunder“ in spe dergestalt für die Region werben, andererseits gibt die mitgelieferte URL sehr dezente Winke, mal nachzuschauen, was unter dieser Adresse noch so alles los ist, Liedermacherei zum Beispiel. Ganz schön clever. Das Boot soll nach seiner Taufe Mitte August „ständig bewegt“ werden, auf den Havelgewässern, im Hamburger Hafen, in der Kieler Förde, sogar an Alkmaar ist gedacht.

Wie man die Innengestaltung dabei zu Gesicht bekommen soll, war leider nicht zu erfahren. Das Besondere ist ja der Anspruch, keinen Teil bei der kunstvollen Gestaltung auszulassen, weder unten noch oben, weder Deck noch Kajüte, weder Mast noch Segel, welches demnächst per Hand zu bemalen ist. Die Elektrik wird das Gesellenstück eines Lehrlings, der extra von seinem Dienstherren freigestellt wurde. Drei LKW-Batterien sollen für die Illumination bei Nacht sorgen, ein neuer, geräuscharmer Motor für ungestörte Romantik beim Segeln und Werben. Finanziert wird alles von den beiden Freunden, aus Spaß an der Freude. Auch Ideen für die Taufe im Haussee liegen vor – sechs Ämter gaben bereits ihr Ja-Wort. Der Rest, klar, ist Überraschung.

 

Maerkische Allgemeine - 17.8.2007

Einzigartige Kunst zu Wasser

Erstmals fährt ein Gemälde als Segelboot Tag und Nacht auf der Havel

von REGINE GREINER

WERDER Es ist Baujahr 1969, das Geschenk eines Segelfreundes und soll ein einzigartiges Kunstwerk werden. Maler und Kunstpreisträger Arno C. Schmetjen muss sich sputen, denn das Boot, vom Künstler als Ganzes gestaltet, soll Ende August zu Wasser gelassen werden. "Dann wird es auf dem Petzower Haussee, den man gut umlaufen kann, Tag und Nacht leuchten, Neugierige sowie Kunstfreunde anlocken und das Havelland wieder bekannter machen." Die Augen vom Werderaner Peter Weymann leuchten, wenn er von seinem Bild, ein Kunstwerk vom Mast über das Segeltuch bis zur Bootshaut zu Wasser spricht. Es war 20 Jahre lang sein Traum, nun hat er die richtigen Partner gefunden, um gemeinsam für die Kunst und die Region zu werben. Vom 1. Beigeordneten der Stadt Werder, Hartmut Schröder, sowie zuständigen Behörden gab es laut Weymann grünes Licht für die Aktion. Auch für den Maler Arno Schmetjen ist das Werk eine echte Herausforderung, "weil Kunst mit Bootslacken anders als mit wasserlöslichen Acrylfarben ist."

Damit das Prachtstück, das kunstvolle Spiel der Farben und Formen, in Petzow auch unterm Sternenhimmel strahlt, dafür sorgt die NDB Elektrotechnik GmbH & Co in Werder. "Dabei hat unser Team noch so manche Knobelaufgabe zu lösen, damit alles perfekt wird – auch das Gesellenstück unseres Lehrlings, der damit an seiner Schule schon für Aufsehen gesorgt hat", sagt Mark Tiedemann. Und was auf einem Boot natürlich nicht fehlen darf, ist der Handwerker mit goldenen Händen. Maik Lutze aus Glindow hat sie, und das ist auch für Wolfgang Hotzel, mit Peter Weymann Inhaber des Segelbootes, ein beruhigendes Gefühl.

Bevor das Kunstwerk mit Segel und Anker Ende August feierlich enthüllt wird, können sich Neugierige schon mal ein erstes Bild davon machen. Am Wochenende wird die Bootshalle an der Porta Helena in Glindow zum Atelier, können Besucher das Boot, den Maler Schmetjen und von ihm ausgewählte Kunstwerke in maritimer Atmosphäre erleben. Von 10 bis 20 Uhr ist das Atelier auf Zeit am Sonnabend und Sonntag geöffnet.

Ist die Jolle vollendet, wird sie neben der Präsentation auf dem Petzower Haussee natürlich auch auf Tour gehen. "Ja, auch die Berliner sollen uns kennen lernen, und ich bin sicher, mit unserem Schmuckstück werden wir für Aufsehen sorgen und einmal mehr ins Havelland locken", sagt Weymann.

Seit 17 Tagen arbeiten die Männer an der Bootshaut, führt Schmetjen die Farbrolle, malt und gestaltet, so wie es für ihn typisch ist, seine Freunde an ihm schätzen. An den künftigen Lichteffekten basteln die Fachleute in der Werderaner Filiale von NDB Elektrotechnik mit Hochdruck. Maik Lutze sorgt sich um die Schutzschichten unter Wasser – und Peter Weymann ist einfach überglücklich, dass sein Traum wahr wird und die Region einen Anziehungspunkt mehr haben wird. Wenn das wassertaugliche Gemälde dann lautlos über die Havel gleitet, kann sich jeder Betrachter auf seine Art dabei entspannen oder sich vom einsamen Boot im Lichterglanz der Havel inspirieren lassen.